Heilpflanze für Giftdeponien: Wie Cannabis die Relikte des Bergbaus in Südafrika aufräumen könnte.

Wenige Kilometer westlich von Johannesburg glaubt man sich auf einem anderen Planeten: violette Seen, smaragdblaue Bäche, riesige orangene Abraumhalden aus Sand. Ab und zu taucht ein verrostetes Stahlgerippe wie ein eiserner Saurier auf: Relikte der Fördertürme. Hier wurde in den vergangenen 130 Jahren Südafrikas Reichtum gewonnen. Mit den toxischen Folgen der Goldgewinnung haben alle Menschen in der Region zu kämpfen. Chemieverseuchte Böden, radioaktive Strahlung – eigentlich sollte die verwüstete Landschaft nach dem Ende des Bergbaus von den Eigentümern wiederhergestellt werden. Doch die nahmen es mit ihren Verpflichtungen nicht so genau. Jetzt hat sich Tiago Campbell, Student der Umweltwissenschaften, vorgenommen, diesen Missstand zu beheben – ausgerechnet mit der Hanfpflanze Cannabis sativa, aus der Marihuana gewonnen wird. Cannabis ist bekannt für seine Reinigungskräfte: Wissenschaftler sprechen von Phytosanierung. Die Pflanze hat bis zu 2,5 Meter tiefe Wurzeln, wächst wie Unkraut und nimmt toxische Stoffe auf. Campbell hat sie bereits in die Böden der stillgelegten Goldminen gepflanzt – mit Erfolg. Das Gewächs hat seine Reinigungskräfte bereits in Tschernobyl und in dem italienischen Städtchen Puglia unter Beweis gestellt, wo es sich Dioxin einverleibte. Mit Cannabis sativa begrünt könnte selbst die Mondlandschaft im Westen Johannesburgs wieder zum Leben erweckt werden, ist Campbell überzeugt. Hanf hat noch einen weiteren Vorteil: Mit seinen Fasern kann man Seile, Kleider und biologisches Plastik herstellen. Mit Hanf-Backsteinen werden sogar Häuser gebaut. Das Marihuana der Bergbauregion als Heilmittel zu verwenden ist allerdings zu gefährlich. Niemand weiß, wie die Giftstoffe den Drogenwirkstoff verändern.

Artikel aus “Stuttgarter Zeitung, Lokalteil Stuttgart Innenstadt”, Heilpflanze für Giftdeponien: Wie Cannabis die Relikte des Bergbaus in Südafrika aufräumen könnte. (22.11.2021)