Der Aufstieg der Online-Unternehmen in Nepal

~English follows German~

Vom Tal von Kathmandu über die Regenwälder des Terai bis hin zur Bergregion des Himalayas: Nepal zeichnet sich durch eine große Vielfalt an touristischen Angeboten aus. Im Jahr 2018/19 wurden 717 Mio. Dollar im touristischen Sektor ausgegeben. Die Covid-Pandemie hat diesen schwer getroffen: Bergführer*innen verloren ihre Jobs, Hotels, Tempel oder Klöster haben keine Besucher*innen mehr. Dafür ist ein anderer Wirtschaftssektor gerade in der Krise gewachsen: Online-Geschäfte und E-Commerce.  

Asterisk International Services aus Kathmandu stellt typisch nepalesische Filzprodukte für den internationalen Markt her und beschäftigt derzeit 130 feste MitarbeiterInnen
Asterisk International Services aus Kathmandu stellt typisch nepalesische Filzprodukte für den internationalen Markt her und beschäftigt derzeit 130 feste MitarbeiterInnen

Während 2010 nur 8% der Bevölkerung Zugang zum Internet hatten, lag die Internetdurchdringung 2020 bei 35% und viele der 10 Mio. Internetnutzer*innen haben begonnen, dies als wirtschaftliches Sprungbrett zu nutzen.  

Ein erfolgreiches Beispiel dafür ist unser aktueller Projektpartner Asterisk International Services aus Kathmandu. Asterisk produziert und exportiert traditionelle Filzkleidung und Strickwaren. Da fast 100 % der Waren über Online-Verkäufer wie Amazon in Länder mit zahlungskräftigen Kunden exportiert werden, bleiben die Gewinne an der lokalen Basis und bieten echte, nachhaltige wirtschaftliche Chancen – insbesondere für marginalisierte und benachteiligte Gemeinden.  Im Rahmen unserer fortlaufenden Beratung unterstützen wir Asterisk bei der Qualifizierung für ein Fair-Trade-Siegel und bei der Entwicklung einer Online-Marketing-Strategie.   

Zusammen mit unserem Landeskoordinator Anish Neupane haben wir in der Vergangenheit bereits an mehreren Projekten in Nepal gearbeitet und nutzten die Gelegenheit, um über die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen zu sprechen.  

Wenn man an Nepal denkt, denkt man automatisch an Tourismus. Welche Rolle spielt dieser Sektor heutzutage und welche sind die wichtigsten Tourismusbranchen?    

In der nepalesischen Wirtschaft gibt es drei Hauptsäulen: Wasserkraft, Landwirtschaft und Tourismus. Der Tourismus allein hat einen Anteil von 8 % am BIP, aber der indirekte Anteil am BIP ist aufgrund seiner Multiplikatoreffekte viel höher. Die wichtigsten Tourismusbranchen sind in absteigender Reihenfolge Trekking & Bergsteigen, Kulturtourismus und gefolgt von dem, was wir „spirituellen Tourismus“ nennen (Yogaschulen, Meditationskurse und Wellness). Aufgrund der Vielfalt an Erlebnissen wird Nepal auch immer mehr zu einem Ziel für Studenten, Gap Year-Teilnehmer oder Menschen, die ein Sabbatical machen wollen.  

Nach dem Erdbeben 2015 und angesichts der Kritik am Bergtourismus welche Bedeutung hat die Nachhaltigkeit?   

Der Bergtourismus ist vielfältig: Einige internationale Medien haben vor allem die langen Warteschlangen bei der Besteigung des Mount Everest hervorgehoben und porträtiert. Es gibt aber viele andere Berge und Trekkingrouten, die als Ziel für Bergfreunde dienen – und weitaus weniger überlaufen sind. Außerdem sollten wir uns noch mehr alternativen Routen öffnen und die lokalen Gemeinden befähigen, sich an nachhaltigen Tourismusunternehmen zu beteiligen. So schaffen wir Beschäftigungsmöglichkeiten für die Menschen vor Ort und etablieren eine nachhaltige Wirtschaftsinfrastruktur.    

Der derzeit am stärksten wachsende Wirtschaftszweig in Nepal ist das „Online Business beziehungsweise E-Commerce“ – erzähl uns mehr darüber.  

E-Commerce und verwandte Geschäftszweige sind die am schnellsten wachsenden in allen Teilen der Welt. Nepal nimmt also seinen Anteil daran. Wir beobachten, dass eine neue Art von Netzwerken von KMUs (Klein- und Mittelständische Unternehmen) entsteht: Es gibt Internetshops, lokale mobile Geldbörsen, die die Zahlungsmöglichkeiten erleichtern, Online-Lieferdienste und so weiter. Und diese Entwicklung wird sich noch weiter beschleunigen, wenn sich zum Beispiel Grassroot-Geschäfte das Wissen aneignen und direkt mit ihren Kunden verbinden. Bislang entstehen E-Commerce-Geschäfte nur in den größeren Städten wie Kathmandu, Pokhara oder Lalitpur. Wir müssen diese Art von Möglichkeiten auch näher an die ländlichen Gebiete bringen.  

Wie wird sich dieser Sektor in den nächsten Monaten und Jahren entwickeln?  

Erst kürzlich hat die Kathmandu Post einen Artikel veröffentlicht, der besagt, dass mehr als die Hälfte der nepalesischen Bevölkerung Zugang zu einem Smartphone hat. Das bedeutet, dass die Internetabdeckung in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat. Noch vor etwa zehn Jahren lag diese Zahl unter 10 %. Heutzutage stellt sich die Frage: Finden wir die richtigen Verwendungszwecke und können wir diese neuen Technologien nutzen, um mehr Wert für Produkte, Dienstleistungen und Unternehmen zu schaffen? Wir sehen, dass dieser Sektor inmitten der Pandemie wächst, und er wird sich nicht zurückentwickeln.   

Country Coordinator Anish Neupane

Country Coordinator in Nepal: Anish Neupane Was denkst du, wie „bereit“ das Land und die Wirtschaft für das digitale Zeitalter ist 

Nepal ist nach wie vor ein Entwicklungsland. Oft genug sind Entwicklungsländer immer noch durch schlechte Regierungsführung und Korruption definiert. Trotzdem arbeiten die lokalen Unternehmer und KMUs daran sich im digitalen Zeitalter vorwärtszubewegen. Nur ein kleines Segment des Marktes ist erforscht, und es muss noch viel mehr erforscht werden: die digitale Nutzung sollte erhöht werden und die Menschen sollten an digitale Werkzeuge und Technologien gewöhnt werden. Noch beschränkt sich die Nutzung des Internets für viele auf Vernetzung und Unterhaltung. Nichtsdestotrotz haben die Jugendlichen bereits begonnen, digitaler zu werden, und sie machen die Mehrheit unserer Bevölkerung aus. 

Wenn du mehr über die Arbeit der Country Coordinator vor Ort erfahren willst, folge uns in den Sozialen Medien und unserem Newsroom. 


~English~

From the valley of Kathmandu to the rainforests of Terai or the mountainous region of the Himalay: Nepal is characterized by a huge variety of touristic opportunities 717 Mio. Dollars $ were spent in the touristic sector 2018/2019. The Covid-19 pandemic smashed the tourism sector tremendously: mountain guides lost their jobs, hotels, temples or monasteries lack visitors. On the other hand, another economic sector has grown, especially during the crisis: online business and e-commerce.   

While 2010, only 8% of the population had access to the internet, 2020 the internet penetration ranged at 35% and many of the 10 Mio. internet users started to use this as an economic springboard. Sastodeal, Foodmandu, Muncha or Nepbay are just some examples of well-doing E-Commerce businesses in Nepal today 

Another successful example of this story is our current project partner Asterisk International Services from Kathmandu. Asterisk produces and exports traditional felt clothing and knitwear. As nearly 100% of the goods are exported to high paying customer countries through online sellers like Amazon, the profits stay at the local basis and provide real, sustainable economic opportunities – especially to marginalized and disadvantaged communities As part of our on-going consultation, we support Asterisk in the qualification for a Fair-Trade seal and in the development of a coherent online marketing strategy.   

Along with our Country Coordinator Anish Neupane we have worked on multiple projects in the past and took the chance to talk about the recent economic developments in Nepal 

Thinking of Nepal, you automatically think about Tourism. What role does this sector play nowadays and what are the most relevant tourism branches? 

There are three main pillars in the Nepalese economy: hydropower, agriculture and tourism. Tourism alone has an 8 % share in the GDP, but the indirect share in GDP is a lot more due its multiplier effects. The most relevant tourism branches in decreasing order are trekking & mountaineering, cultural tourism and followed by what we call “spiritual tourism (yoga schools, meditation lessons and wellness). Due to variety of experiences, Nepal is also turning into a destination for students, gap year takers or people who are pursuing sabbaticals. 

In the aftermath of the earthquake in 2015 and regarding criticism of the mountaineering tourism – what relevance does sustainability have?  

The mountaineering tourism is diverse: some international media highlighted and portrayed predominately the long queues while climbing Mount Everest. But there are lots of other mountains and trekking trails which serve as destinations for mountain lovers and are by far less crowded. Additionally, we should open up to even more alternative routes and empower local communities to take part in sustainable tourism businesses. Hence, creating employment opportunities for local people and thereby establishing sustainable economic infrastructures.  

Currently, the biggest growing business sector in Nepal is the “Online Business resp. E-Commerce” tell us more about it. 

E-Commerce and related business endeavors are the fastest growing businesses in any part of the world. Thus, Nepal is taking its’s share. We observe a new kind of network of SMEs emerging: there are internet shops, local mobile wallets easing payment opportunities, online delivery services and so forth. And this development will accelerate even more when e.g., grassroot businesses acquire the knowledge and get connected with their customers directly. So far E-Commerce businesses still only emerge in the bigger cities like Kathmandu, Pokhara or Lalitpur. We need to bring these kinds of opportunities closer to the rural area of the country. 

How will this sector evolve within the next months and years?

Just recently the Kathmandu Post published an article, stating that more than half of the Nepalese population have access to a smartphone, which means that the internet coverage has increased substantially in the last couple of years. Only about ten years ago this figure was below 10%. Nowadays the questions are: do we find the right purposes for usage and can we use these new technologies to create more value to products, services and enterprises? We see that amid the pandemic, this sector is growing, and it will not revert 

Country Coordinator Anish Neupane
Country Coordinator in Nepal: Anish Neupane

What do you think, how „ready“ is the country and the economy for the digital age? 

Nepal is still a developing country. Often enough, developing countries are still defined by poor governance and corruption. In amid of this, local entrepreneurs and local SMEs are working and moving ahead in digital age. Only a small segment of the market has been explored and a lot more must be explored: digital usage should be increased, and people should be made habitual and comfortable with digital tools and technologies. Still, for many the use of the internet is limited to networking and entertainment. Nevertheless, the youngsters have already started going digital and they make up the majority of our population. 

If you want to know more about our local work and our Country Coordinators, follow us in Social Media and our Newsroom.