Fakten statt Vorurteile: Warum wir mehr über Afrika wissen sollten

Die Wirtschaftsjournalistin Katja Scherer betreibt seit Frühjahr 2020 den Blog www.WirtschaftinAfrika.de. Dort erklärt sie Wirtschaftsthemen von unserem Nachbarkontinent, faktenbasiert und leicht verständlich. Für managerohnegrenzen schreibt sie, warum es sich lohnt, mehr über Afrika zu lernen:

Wisst ihr, wie die Hauptstadt von Uganda heißt? Was das größte Tech-Unternehmen in Afrika ist? Oder welches afrikanische Land beim digitalen Lernen als Vorreiter gilt? Nein? Ich hätte bis vor Kurzem auf keine dieser Fragen eine Antwort gewusst.

Ich heiße Katja, bin 30 Jahre alt und arbeite seit 2014 als Wirtschaftsjournalistin in Print und Hörfunk. In den vergangenen Jahren ist mir bei meiner Arbeit immer wieder aufgefallen, wie wenig in deutschen Medien über den afrikanischen Kontinent berichtet wird. Und wenn, dann geht es meist um Armut, politische Konflikte und Katastrophen. Ich will nicht sagen, dass diese Berichte nicht wichtig sind. Genauso wichtig finde ich aber auch, über andere Facetten des Kontinents zu berichten: zum Beispiel über all die Menschen vor Ort, die gute Ideen haben, innovative Produkte entwickeln und große Unternehmen gründen. Um für solche Themen eine Plattform zu schaffen, habe ich im Frühjahr meinen unabhängigen, nicht-kommerziellen Blog www.WirtschaftinAfrika.de gestartet.

Bei meiner Recherchereise in Lagos war ich unter anderem beim Onlinehändler Jumia, der lange als „Amazon Afrikas“ galt.
Bei meiner Recherchereise in Lagos war ich unter anderem beim Onlinehändler Jumia, der lange als „Amazon Afrikas“ galt.

Mein Interesse an Afrika wurde 2014 durch eine Recherchereise nach Kenia geweckt. Thema der Reise waren die UN-Entwicklungsziele. Wir besuchten vor Ort die Slums von Nairobi und ließen uns Schulen und Brunnen von westlichen NGOs zeigen. Im Jahr 2018 trat ich dann die nächste Recherchereise an, dieses Mal nach Nigeria und mit einem anderen Fokus. In Lagos traf ich junge AktivistInnen, die sich gegen Korruption einsetzen, und UnternehmerInnen, die mit smarten Ideen ihr Land voranbringen wollen. Für mich hat diese Reise viel verändert. Denn ich traf vor Ort auf Menschen, die keine westliche Hilfe brauchten, sondern von denen ich vieles lernen konnte.

Anfang dieses Jahres bin ich dann privat mit meinem Mann durch Äthiopien gereist und auch dort hat sich mein positiver Eindruck bestätigt. Danach habe ich beschlossen, dass ich mehr über den afrikanischen Kontinent lernen möchte. Meine Recherchen veröffentliche ich regelmäßig auf meinem Blog. Warum lohnt es sich , mehr über den Kontinent und die Menschen vor Ort zu lernen? Hier sind meine drei wichtigsten Gründe:

1. Vorurteile abbauen

Wenn ich früher an Menschen in Afrika gedacht habe, war dieses Bild in meinem Kopf meist mit Bildern von Armut verknüpft. Das lief ganz unbewusst ab – einfach, weil mein Gehirn dem kaum positive Bilder entgegensetzen konnte. Durch die Arbeit für den Blog gibt es diese positiven Bilder nun. Wenn ich jetzt an den afrikanischen Kontinent denke, erinnere ich mich an die Unternehmerin Bethehem Tilahun Alemu aus Äthiopien, die binnen weniger Jahr mit ‚Solerebels‘ eine international bekannte Schuhmarke aufgebaut hat. Oder an den Modedesigner Thebe Magugu, der derzeit mit seinen eleganten, farbenfrohen Entwürfen die internationalen Modemagazine erobert. Dadurch verbinde ich mit dem Kontinent und den Menschen vor Ort nun ganz andere Assoziationen.

2. Die Welt besser verstehen

Backpacking in Afrika? Das geht. Da Reisen derzeit schwierig ist, entdecke ich den Kontinent nun aber durch meine Recherchen
Backpacking in Afrika? Das geht. Da Reisen derzeit schwierig ist, entdecke ich den Kontinent nun aber durch meine Recherchen.

Reisen ist wegen Corona derzeit leider schwierig. Ich habe aber gemerkt, dass man auch viel über neue Orte lernen kann, ohne das Sofa zu verlassen. Der afrikanische Kontinent war für mich lange eine große Unbekannte. Das ändert sich nun Stück für Stück mit jeder Recherche. Ich weiß jetzt, dass Ghana seine eigene Schokolade produziert und Uganda riesige Ölvorkommen erschließen will. Ich habe gelernt, dass in Madagaskar Afrikas erste Kaviarfarm steht und dass Länder wie Kenia und Ruanda wirtschaftlich deutlich weiter entwickelt sind als einige andere afrikanische Staaten. Mit anderen Worten: Der unbekannte Kontinent bekommt plötzlich Konturen – und ich habe tatsächlich das Gefühl, mit jedem Artikel ein Stück weit die Welt zu entdecken.

3. Am Puls der Zeit bleiben

Afrika ist der Kontinent der Chancen, das liest man derzeit immer wieder. Ich persönlich finde diese Floskel recht pauschalisierend. Was aber sicherlich stimmt ist, dass sich in einigen afrikanischen Ländern derzeit vieles verändert. Weil dort immer mehr Menschen Zugang zum Internet bekommen, wächst der Onlinehandel und es entstehen neue Technologie-Start-ups. Gleichzeitig entfalten sich auf dem Kontinent wirtschaftspolitisch neue Strukturen: Durch das afrikanische Freihandelsabkommen soll vor Ort ein riesiger Binnenmarkt entstehen, ähnlich wie in der EU. Das würde für den Handel auf dem Kontinent ganz neue Chancen bieten. Aus wirtschaftlicher Sicht finde ich das als Volkswirtin wahnsinnig spannend.

Am zentralen Meskel Square in Äthiopien entstanden vor der Coronakrise jede Menge neue Hochhäuser – ein Symbol für den wirtschaftlichen Aufschwung im Land.
Am zentralen Meskel Square in Äthiopien entstanden vor der Coronakrise jede Menge neue Hochhäuser – ein Symbol für den wirtschaftlichen Aufschwung im Land.

Ihr auch? Dann besucht meinen Blog unter wirtschaftinafrika.de oder folgt mir auf LinkedIn. Ich freue mich sehr über alle, die mit mir lernen!

Eure Katja