Gespräch mit Stiftungsrat Dr. Thomas Hiebaum

~English follows German~

„Ich wollte erst einmal Dinge tun, die mir am Herzen liegen“ – mit diesem Wunsch startete Dr. Thomas Hiebaum 2017 in sein Sabbatical. Zuvor hatte der Wirtschaftswissenschaftler beim Automobilhersteller Hella Karriere gemacht. Er arbeitete in China, führte ein Werk in Österreich und war anschließend fünf Jahre „Group Vice President“ direkt unter dem Vorstand. Bevor er eine neue Führungsposition übernahm, wollte er gerne in einem Entwicklungsland helfen und stieß bei seinen Recherchen auf managerohnegrenzen. Er nahm am Intensivseminar teil und reiste bereits Ende 2017 für sechs Wochen nach Liberia, um eine kleine Straßenbaufirma zu beraten. Heute ist Dr. Hiebaum Geschäftsführer der Firma ETIMEX Technical Components GmbH in Bad Salzdetfurth bei Hildesheim und unterstützt nach wie vor managerohnegrenzen. Wir freuen uns sehr, dass er seit 2020 unserem neu etablierten Stiftungsrat angehört und haben ihn um ein Interview gebeten.  

Sie waren selbst als Manager ohne Grenzen in Liberia im Einsatz. Was waren Ihre wertvollsten Erfahrungen?  

Man steht ganz anderen Herausforderungen gegenüber und muss sehr flexibel auf aktuelle Begebenheiten reagieren. Vor meiner Ankunft in Liberia bin ich davon ausgegangen, eine Firma vorzufinden, welche noch Schulungen braucht, insgesamt aber bereits für den Start gut aufgestellt ist. Als ich ankam, war alles anders. Die beiden gebrauchten Fahrzeuge waren kaputt, das ersparte Geld aufgebraucht und es gab keine Aufträge. Wir mussten schnell eine Konzeption erstellen, um Aufträge und Mitarbeiter zu gewinnen. Hier waren Hands-on-Mentalität, schnelle Entscheidungen und interkulturelle Fähigkeiten gefragt.  

Dr. Thomas Hiebaum mit den Projektpartnern, die eine Straßenbaufirma betreiben
Dr. Thomas Hiebaum mit den Projektpartnern, die eine Straßenbaufirma betreiben

Momentan sind vor Ort Beratungen nur schwer möglich und wir haben schnell auf Online-Beratung umgestellt. Was halten Sie davon?  

Die Geschwindigkeit, mit der wir bei managerohnegrenzen den fortgesetzt dringenden Bedarf zum Aufbau eines resilienten, wirtschaftlich unabhängigen Mittelstandes in Afrika mit der Umsetzung eines guten Covid-19-konformen Trainings- und Beratungsprogramm kombiniert haben, hat mich sehr beeindruckt. Die bisher gelaufenen OnlineBeratungen zeigen ganz klar, dass wir den Impact von managerohnegrenzen aufrechterhalten können und viel in die richtige Richtung bewegen können. Wir realisieren aber auch, dass die Vor-Ort-Arbeit auf Dauer nicht komplett ersetzt werden kann. Für die Zukunft können wir uns auch sehr gut hybride Beratungsformate vorstellen. 

Kann man den Einsatz als Manager*in ohne Grenzen auch als Personalentwicklungsmaßnahme sehen? Profitieren auch Unternehmen, wenn sie ihren Mitarbeiter*innen dies ermöglichen?  

Auf jeden Fall! Für Führungskräfte bei Mittelständlern oder Konzernen, für Young Leader, High Potentials und auch für Manager*innen, die vor der Übernahme von Führungsverantwortung stehen, ist ein Einsatz als Manager*in ohne Grenzen zumindest ebenso wertvoll wie ein 1:1-Coaching oder die Teilnahme an moderierten, begleiteten Leadership-Veranstaltungen.
Bei Kooperationen kann das Unternehmen die Arbeitsinhalte gemeinsam mit managerohnegrenzen definieren und erhält einen maßgeschneiderten Einsatz für seine Manager*innen, mit dem der definierte Schulungserfolg erzielt werden kann. Darüber hinaus schlägt das Unternehmen mehrere Fliegen mit einer Klappe, denn es kann auch wirksame CSR-Maßnahmen vor Ort erzielen und erhält Management-Kräfte zurück, die bereichert sind, gelernt haben und nebenbei einen immensen Zugewinn an Soft Skills erreicht haben: Ambiguitätstoleranz, Hands-on-Mentalität, schnelle Entscheidungen, Umgang mit Ressourcenknappheit, interkulturelle Fähigkeiten, ausgesprochenes Kommunikationstalent und hohe Eigen- und Fremdmotivationsfähigkeit, Frustrationstoleranz, etc.  

"Hier waren Hands-on-Mentalität, schnelle Entscheidungen und interkulturelle Fähigkeiten gefragt" - Dr. Thomas Hiebaum
„Hier waren Hands-on-Mentalität, schnelle Entscheidungen und interkulturelle Fähigkeiten gefragt“ – Dr. Thomas Hiebaum

Auch Corporate Social Responsibility gewinnt immer mehr an Bedeutung. Wo sehen Sie hier das Potential von managerohnegrenzen?  

Wie bereits erwähnt, ist es für Unternehmen durch die Zusammenarbeit mit managerohnegrenzen möglich, eine Investition beispielsweise in Afrika durch konzertierte Aufbauarbeit in einem investitionsbegleitenden Programm zu ergänzen. So erhält das Unternehmen eine dringend benötigte Infrastruktur, die wichtige Dienstleitungen erbringt (Reinigung, Arbeitsbekleidung, Kantine, Logistik, Elektrik, etc.) und erzielt gleichzeitig einen messbaren, durch die Stiftung managerohnegrenzen zertifizierten CSR-Effekt, der in den Nachhaltigkeits- und Jahresberichten des Unternehmens verwenden werden darf.
Der wichtigste Effekt ist aber der “Goodwill, den ein so agierendes Unternehmen in breiten Bevölkerungsschichten der Zielorte erzielt. Damit grenzen sie sich deutlich von den sehr brutal agierenden Unternehmen aus dem Fernen Osten ab, die mit turbokapitalistischen Ansätzen und ohne Rücksicht auf die Lokalbevölkerung und Umwelt, ihre Interessen durchsetzen.  

Warum engagieren Sie sich als Stiftungsrat?  

Nach verschiedenen Informationsveranstaltungen, der Teilnahme am Intensivseminar von managerohnegrenzen, meinem erfolgreichen Einsatz als Manager ohne Grenzen in Buchanan, Liberia (West-Afrika) habe ich mich engagiert, in dem ich mein Wissen an die Manager*innen, die unmittelbar vor ihrem Einsatz standen, weitergegeben habe. Außerdem habe ich gemeinsam mit Helene Prölß die Konzepte für die Personalentwicklung und Investitionsbegleitung weiterentwickelt.
In der Folge hat man mich in den Stiftungsrat berufen. Helene Prölß und ich waren Ende 2018 gemeinsam beim Afrika-EU-Gipfel, den der österreichische Bundeskanzler Kurz gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Afrikanischen Union organisiert hat. Wir haben dabei Kontakte zum Afrika Verein, verschiedenen NGOs, Staats- und Regierungschef*innen aus Afrika und einer Vielzahl von Unternehmen und Verbänden geknüpft. Ebenso sind wir in die Formulierung der Stiftungssatzung eingestiegen, haben die Rolle des Stiftungsrates definiert und haben dann gemeinsam um Menschen für die Teilnahme im Stiftungsrat geworben. Seit 2020 bin ich für vorerst 3 Jahre Stiftungsrat im nun formell geschaffenen Gremium. 

Was sind Ihre Aufgaben als Stiftungsrat?  

Rechte und Pflichten der Stiftungsrät*innen der Stiftung mangerohnegrenzen sind in Stiftungssatzung klar geregelt. Unsere Aufgaben sind überwiegend beratender und kontrollierender Natur. In der Praxis bestehen unsere Aufgaben häufig darin, die Berichte des Vorstands abzunehmen, der Geschäftsführerin Helene Prölß und bei Bedarf dem Mitarbeiterteam der Stiftung beratend zur Seite zu stehen. Es ist uns gelungen, den Stiftungsrat mit Personen zu besetzen, die über tiefe Fachkompetenz und Erfahrungen verfügen, um eine bestmögliche Unterstützung des Vorstands zu erreichen. Wir treffen einander – zur Zeit Covid-19-bedingt ausschließlich virtuell – vier Mal im Jahr zu Sitzungen und unterstützen konzeptionell, strategisch und operativ. Außerdem vertreten wir gemeinsam die Stiftung gegenüber Unternehmen und Partner*innen. 

Herr Dr. Hiebaum, herzlichen Dank für das interessante Gespräch! 

Dr. Thomas Hiebaum mit Gründerin Helene Prölß
Dr. Thomas Hiebaum mit Gründerin Helene Prölß

~English~

„I first wanted to do things that were close to my heart“ – this was the idea of Dr. Thomas Hiebaum when he started his sabbatical in 2017. Previously, the economist had made a career at the automotive manufacturer Hella. He worked in China, managed a plant in Austria and then spent five years as „Group Vice President“ directly under the Executive Board. Before taking on a new management assignment, he wanted to help in a developing country and came across managerswithoutborders during his research. He took part in the intensive seminar and already traveled to Liberia for six weeks at the end of 2017 to advise a small road construction company. Today, Dr. Hiebaum is managing director of the company ETIMEX Technical Components GmbH in Bad Salzdetfurth near Hildesheim and still supports managerswithoutborders. We are excited that he has been a member of our newly established Board of Trustees since 2020 and have asked him to answer a few questions for us.  

You yourself were on an assignment in Liberia as Manager without Borders. What were your most valuable experiences? 

You face completely different challenges and have to react very flexibly to current circumstances. Before my arrival in Liberia, I assumed that I would find a company that still needed training but was already well positioned for the start. When I arrived, everything was different. The two used vehicles were broken, the saved money was used up and there were no orders. We had to quickly create a concept to win orders and employees. Hands-on mentality, quick decisions and intercultural skills were needed here.  

As on-site consultations are not possible at the moment, we have quickly switched to online consulting. What do you think about this? 

The speed with which we at managerswithoutborders have combined the continued urgent need to build a resilient, economically independent middle class in Africa with the implementation of a good Covid-19 compliant training and consulting program has impressed me very much. The online consultations we have run so far clearly show that we can sustain the impact of managerswithoutborders and are moving in the right direction, but we also realize that on-site work cannot be completely replaced in the long run. For the future, we can also very well imagine hybrid consulting formats. 

Can the assignment as Manager without Borders also be seen as a personnel development measure? Do companies also benefit when they enable their employees to do this?

Dr. Thomas Hiebaum mit den Projektpartnern, die eine Straßenbaufirma betreiben
Dr. Thomas Hiebaum with our projectpartners, which have a road construction company in Liberia

Absolutely! For managers at medium-sized companies or corporations, for young leaders, high potentials and for managers who are about to take on management responsibility, an assignment as Manager without Borders is at least as valuable as a one to one coaching or participation in moderated, accompanied leadership trainings.  

In case of corporate cooperation, the company can define the work content together with managerswithoutborders. We will then find suitable assignments for the managers to achieve the defined training success. In addition, the company can also achieve effective CSR measures on site and gets back management staff who are enriched and have achieved an immense gain in soft skills: ambiguity tolerance, hands-on mentality, quick decision-making, dealing with resource scarcity, intercultural skills, pronounced communication talent and high self- and peer-motivation skills, frustration tolerance, etc.  

"Hier waren Hands-on-Mentalität, schnelle Entscheidungen und interkulturelle Fähigkeiten gefragt" - Dr. Thomas Hiebaum
„Hands-on mentality, quick decisions and intercultural skills were required here“ – Dr. Thomas Hiebaum

Corporate social responsibility is also becoming increasingly important. Where do you see the potential of managerswithoutborders here? 

As already mentioned, through the cooperation with managerswithoutborders it is possible for companies to ad to an investment, for example in Africa, a concerted development program to support the investment. In this way, the company receives an urgently needed infrastructure that provides important services (cleaning, work clothing, canteen, logistics, electrical, etc.) and at the same time achieves a measurable CSR effect certified by the managerswithoutborders foundation, which may be used in the company’s sustainability and annual reports.  

The most important effect, however, is the „goodwill“ that a company achieves among broad sections of the population in the target locations. This also clearly sets them apart from the very aggressively operating companies from the Far East, which use turbo-capitalist approaches to push through their interests without considering the local population and the environment. 

Why are you involving yourself as a foundation board member? 

After various information events, participation in the intensive seminar of managerswithoutborders and my own successful assignment as a Manager without Borders in Buchanan, Liberia (West Africa), I first became involved by passing on my knowledge to the managers, who were immediately before their departure. Later I have worked together with Helene Prölß, to further elaborate the concepts for human resources development and investment support.  

End of 2018, Helene Prölß and I went to the Africa-EU Summit organized by the Austrian Chancellor Kurz together with the Chairman of the African Union, Rwanda’s President Paul Kagame. In the process, we established contacts with the Africa Association, various NGOs, governments of African countries and many companies and associations. We began to define the role of the Foundation Board of Trustees and brought it to implementation in the shareholders‘ resolution. Jointly, we looked for suitable people to participate in the Board of Trustees. Since 2020, I have been a member of the board, which has now been formally created, for an initial period of 3 years. 

What are your responsibilities as a foundation board member? 

The rights and duties of the members of the Board of Trustees of managerswithoutborders foundation are clearly defined in the statutes. Our tasks are mainly of an advisory and supervisory nature. In practice, our tasks often consist of approving the reports of the Board of Directors, providing advice to the Managing Director Helene Prölß and the staff of managerswithoutboarders. We have succeeded in staffing the Board of Trustees with people who have deep expertise and experience and can provide the best possible support to the Board. We meet four times a year – currently only virtually due to the pandemic – and support the foundation conceptually, strategically and operationally. 

Dr. Hiebaum, thank you very much for the interesting interview!

Dr. Thomas Hiebaum mit Gründerin Helene Prölß
Dr. Thomas Hiebaum with founder Helene Prölß